Die Schule Schenkelsberg ist eine von 24 Grundschulen in Kassel, die im Stadtteil Oberzwehren liegt und vor 44 Jahren gebaut wurde. Seit August arbeitet die Schule mit einem ganztägigen Angebot. An fünf Tagen erhalten die Schülerinnen und Schüler ein Mittagessen und zusätzlich an den Tagen Dienstag bis Donnerstag ein Nachmittagsangebot bis um 14.30 Uhr. Aktuell besuchen knapp 300 Schülerinnen und Schüler die Schule.
Die soziale Struktur der Schule ist sehr vielschichtig. Von Akademikerfamilien, mittlerem und gehobenem Mittelstand, Arbeiterfamilien unterschiedlicher nationaler Herkunft, bis hin zu Familien mit sozialen und wirtschaftlichen Problemen und „allein erziehenden Müttern“ sind alle gesellschaftlichen Schichten vertreten. Familien mit mittleren Einkommen stehen einer großen Zahl von geringfügig Beschäftigten und Harz IV Empfängern gegenüber. Der Anteil der arbeitslosen Menschen beträgt 23 % (im Vergleich zur Stadt Kassel 16%) und der Ausländeranteil beträgt 38% (im Vergleich zur Stadt Kassel 12%) und ist somit in Oberzwehren deutlich höher als im sonstigen Stadtgebiet.
An unserer Schule liegt der Migrantenanteil zurzeit bei 40%. Die Kinder sind überwiegend türkischer Nationalität.
Nach einer sehr erfolgreichen Kunstprojektwoche im Herbst 2010 kam der Wunsch von Kolleginnen, Eltern und Kinder immer wieder auf, den Umgang mit der Kunst und das eigene künstlerische Schaffen unserer Kinder mehr in den Mittelpunkt zu stellen. Zusätzlich wurde in Gesprächen mit den Schülerinnen und Schülern im Morgenkreis oder anderen Situationen immer wieder deutlich, dass es nur einen geringen Teil von Kindern gibt, die mit ihren Familien ein Theaterstück, ein Konzert oder eine Ausstellung besucht haben.
In einer von mir durchgeführten Umfrage in allen Klassen wurde die Vermutung, dass nur ein kleiner Teil außerhalb der Schule in Kontakt mit kulturellen Einrichtungen kommt, bestätigt.
Das Ergebnis des Fragebogens hat ergeben, dass nur 35% aller Schülerinnen und Schüler außerhalb der Schule schon einmal ein Konzert besucht haben, 5% eine Tanzschule, 28% ein Buch in der Bücherei ausgeliehen haben, 15% ein Musikinstrument spielen, 34% ein Theaterstück besucht haben und immerhin 52% in einem Museum waren.
Diese Gründe waren für mich der Anlass, den Versuch zu unternehmen, an der Schule Schenkelsberg einen kulturellen Schwerpunkt einzurichten und damit ein repräsentatives Schulprofil zu entwickeln.
Mein Vorschlag wurde von allen Kolleginnen, allen Gremien der Schule, den Eltern und dem Förderverein begeistert aufgenommen.
Wir sind der Meinung, kulturelle Bildung ist ein Bestandteil der Allgemeinbildung und sollte ein fester Bestandteil des Schulalltags werden. Kulturelle Bildung dient der Entwicklung und Stärkung der Persönlichkeit der Schüler und fördert bzw. entwickelt die kreativen Potentiale der Schüler. Kulturelle Bildung ist eine Investition in die Zukunft der Gesellschaft, da sie Grundlagen für Innovationen und gestalterische Kompetenzen schafft und sie animiert junge Menschen dazu, sich an der Gestaltung ihrer Lebensumwelt aktiv zu beteiligen.
Wir möchten mit der Absicht eine Schule mit einem kulturellen Schwerpunkt zu werden erreichen, dass alle Schülerinnen und Schüler im Verlauf ihrer vierjährigen Grundschulzeit, die Möglichkeit erhalten die Bereiche Musik und Tanz, Theater, Kunst und Literatur intensiv kennen und erleben zu lernen und in diesen Bereichen arbeiten zu können. Damit möchten wir kulturelle Bildung als Schlüsselkompetenz zur Persönlichkeitsentwicklung eines jeden Kindes fördern.
Die Welt, in die unsere Kinder hinein geboren werden, unterliegt einem permanenten Wandel. Kinder wachsen heute in einer kulturell vielfältigen, sozial komplexen und hoch technisierten Welt auf. Schülerinnen und Schüler stehen immer wieder vor der Herausforderung sich ständig weiterentwickeln zu müssen und neues Wissen zu verarbeiten.
Dies hat dazu geführt, dass in Hessen seit 2007 verbindlich für alle Grundschulen und Kindertagesstätten der Bildungs- und Erziehungsplan eingeführt wurde. In Hessen wurde bereits relativ früh erkannt, dass wir in einer Zeit leben, wo es in Schule und Kindergarten nicht mehr nur um die Vermittlung von Inhalten geht. Durch die rasante Veränderung unserer Gesellschaft und unsere schnelllebige Zeit, die das Leben unserer Kinder in vielerlei Hinsicht bestimmt, müssen wir bereits früh damit beginnen die Kinder im Erwerb von Kompetenzen und Methoden zu fördern. Der Bildungs- und Erziehungsplan steht dafür, jedes Kind mit seinen individuellen Lernvoraussetzungen in den Mittelpunkt zu stellen und es angemessen zu fördern und zu unterstützen. Ein großer Teil des Bildungs- und Erziehungsplanes beschäftigt sich mit dem Erwerb kultureller Kompetenzen. Alle vier Bereiche, die wir in unserem Entwurf für besonders wichtig halten, finden sich dort wieder.
Die Ergebnisse vieler Studien über den Bildungsstand von Schülerinnen und Schülern haben dazu geführt, dass in Hessen die bisher geltenden Rahmenpläne nicht mehr zeitgemäß sind und durch die Bildungsstandards abgelöst wurden. Diese sind in Hessen seit 2011 für alle Schulen verbindlich. Im Mittelpunkt der Bildungsstandards, dem sogenannten Kerncurriculum, steht der Erwerb von fachlichen und überfachlichen Kompetenzen. Unterschiedliche Kompetenzen sollen vermittelt und erlernt werden. Lernen wird mit Sinnhaftigkeit verbunden. Die Nachhaltigkeit des Erlernten steht im Zentrum von Unterricht. Die unterschiedlichen Kompetenzbereiche werden dabei als Verbindung von Wissen und Können verstanden. Wissen wird übertragbar und in der Anwendungssituation nutzbar gemacht. Ziel ist eine umfassende Persönlichkeitsentwicklung, um aktuelle Anforderungssituationen zu bewältigen.
Durch die stärkere Einbeziehung der kulturellen Bereiche, wie wir sie in unserem Konzept vorgesehen haben, werden – im Sinne dieser Bildungsstandards – das Zusammenwirken von Fähigkeiten und Fertigkeiten, die personalen und sozialen Dispositionen der Schüler, sowie die Bildung von Einstellungen und Haltungen besonders gefördert.
Die Berücksichtigung der einzelnen Schwerpunkte soll bei der Erstellung eines Schulcurriculums mit einbezogen werden.
Außerdem werden die Ziele der einzelnen Kompetenzbereiche in unserem Entwurf (siehe Seite 4-6) berücksichtigt.
Wie bereits zu Beginn erwähnt, bietet unsere Schule seit August 2011 ein Ganztagsangebot an. Im Nachmittagsbereich verfügt die Schule bereits über einen Teil kultureller Angebote. Die Schule bietet durch die Lehrerinnen und außerschulischen Partnern 14 AG-Angebote an; unter anderem eine Tanz-AG, eine Flöten-AG, eine Kunst-AG, eine Schreibwerkstatt ein Land-Art Projekt und eine Computer-AG.
In den nächsten Jahren ist die Erweiterung der ganztägig arbeitenden Schule geplant. Das kulturelle Angebot der Schule soll auch im Nachmittagsbereich erweitert werden, wodurch eine Rhythmisierung vom Vormittag und Nachmittag ermöglicht wird.
Um die Nachhaltigkeit dieses Projektes deutlich zu machen, ist es uns wichtig darauf hinzuweisen, dass es nicht nur darum geht, über einen kurzen Zeitraum außerschulische Partner an die Schule zu bekommen, die mit den Kindern arbeiten. Unsere Profiländerung soll ein auf die nächsten Jahre angelegter fortlaufender Prozess sein. Kultur soll immer mehr Bestandteil von Unterricht werden. Aus diesem Grund werden wir auch in diesem und dem darauffolgendem Jahr einen Fortbildungsschwerpunkt zum Thema „Kultur“ setzen.
Auf den folgenden Seiten befindet sich nun der Konzeptentwurf für die Anfangsphase.
Das Konzept soll ständig fortgeschrieben und den jeweiligen Gegebenheiten angepasst werden.
Langfristig sollen alle Projekte in den Unterricht integriert werden und fester Bestandteil jedes laufenden Schuljahres sein.
Trotz großem Engagement des Kollegiums, stoßen wir bereits jetzt an unsere räumlichen, finanziellen und personellen Grenzen. Eine dauerhafte Umsetzung dieses Konzeptes ist nur mit finanzieller Unterstützung möglich.
Daniela Dietrich-Krug
(ehemalige Schulleiterin)
Petra Leickel, Beatrix Wattenbach, Fee Marschang, Dorothea Conrad
(Planungs- und Arbeitsgruppe)
Literaturhinweis: Bildungsstandards und Inhaltsfelder, das neue Kerncurriculum für Hessen Hrsg. Hessisches Kultusministerium 2010
Bildung von Anfang an, Hrsg. Hessisches Sozialministerium und Hessisches Kultusministerium Dezember 2007